Berührung ist die essentiellste Erfahrung in unserem Leben. Wir brauchen Berührung wie Nahrung, wir brauchen sie um zu spüren, dass wir sind. Wir suchen sie beständig, so wie andere Säugetiere auch, um uns geliebt und sicher zu fühlen. Wir teilen unsere Zuneigung und Liebe über Berührung, wir kommunizieren unsere Absichten, unser Verlangen und unserer Sehnsüchte, wir erfahren oft mehr in einer einfachen Berührung, als in 100 Sätzen. Berühren und berührt werden ist zu tiefst menschlich und unantastbar(!) heilsam. Wir suchen Berührung, bewusst oder unbewusst in den verschiedensten Kontexten unseres Lebens, machen aber auch die unterschiedlichsten Erfahrungen damit. Berührung kann wohltuend, heilsam, schutzspendend, liebevoll, ekstatisch, schmerzlindernd, entspannend und erregend sein (und vieles davon gleichzeitig), aber auch bedrohlich, schmerzhaft, grenzüberschreitend und gewalttätig. Im Holistic Dance, Contact Improvisation, Körperarbeit, Angewandten Anatomie, in der Körperpsychotherapie, im Tantra, Playfight und vielen weiteren Bewegungs- und Berührungsformen, suchen wir nach einer vertiefenden und heilsamen Auseinandersetzung mit dem Thema Berührung, über den alltäglichen Kontext unseres westlichen Umgangs damit. Wir suchen nach dem verbindenden, erdenden und vereinfachenden Element, dass uns wieder entspannt sein lässt, dass uns an unseren Animal Body andocken und Teil unserer Umwelt, Teil dieser Erde sein lässt. Das Thema Berührung ist nicht nur persönlich, sondern höchst politisch und ökologisch. Immer mehr Menschen erkennen, dass es eine Umkehr braucht, eine Umkehr zurück zu einem einfacheren, erdverbundenen Sein. Dazu brauchen wir einen liebevollen Umgang mit uns selbst und anderen, ein Anerkennen unserer Grundbedürfnisse, zu denen Berührung an oberster Stelle stellt. Viele Tänzer*Innen haben einen natürlichen Zugang zum Thema Berührung. In der Auseinandersetzung mit dem Körper und Bewegung, erscheint Berührung ein schlüssiger Bestandteil. Viele Menschen haben diesen natürlichen Zugang allerdings verloren und es ist Teil unserer Aufgabe als Tanzpädagog*Innen einfühlsame Räume für das „Wiederfinden“ dieses menschlichen Bedürfnisses zu öffnen. Dazu gehört, dass wir uns bewusst werden, wie kraftvoll und heilsam Berührung ist, allerdings auch, wie schmerzhaft und festgefahren alte Wunden sein können. Mit dieser Diskrepanz müssen wir als ganzheitliche Tanzpädagog*Innen lernen umzugehen. Der beste Weg liegt in der Praxis. Je mehr wir selbst mit dem heilsamen Aspekt der Berührung in Verbindung sind, desto leichter fällt es uns auch für andere den Spagat zu halten. Dazu gehört es auch, sich seinen eigenen Schattenanteilen zu stellen, über den eigenen Forschungsweg immer wieder zu lernen, sich Unterstützung durch Fortbildungen, Supervision und Körperbehandlungen zu holen.
Jede*R von uns hat verletze und traumatisierte Anteile. Wir müssen nicht ständig in ihnen herumwühlen, aber ihnen offen begegnen wenn sie sich zeigen. Je mehr wir mit dem Tanz spannende, kreative und empathische Räume erschaffen, desto leichter ist dieser Transformationsprozess, den wir mit Menschen und für uns selbst in Gang bringen können. Was unsere Arbeit so schön macht ist die Tiefe, in der die Leichtigkeit wohnt.
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